Tote Maedchen schreiben keine Briefe by Giles Gail

Tote Maedchen schreiben keine Briefe by Giles Gail

Autor:Giles, Gail [Gail, Giles]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-01-24T23:00:00+00:00


11. Kapitel

»Jasmine?« Moms Stimme drang in die Küche. Sie klang ängstlich und verloren, wie ein Kind, das nach seiner Mutter ruft.

Ich blickte Jazz an. »Die Tablette sollte noch wirken. Warum gehst du nicht zu ihr, um ihr zu zeigen, dass du noch da bist? Dann schläft sie wahrscheinlich wieder ein.«

»Klar«, stimmte Jazz zu. »Ich setze mich zu ihr. Mag sie es, wenn ich ihr irgendwas vorlese, oder so?«

Plötzlich verspürte ich den Wunsch, diesem Mädchen wehzutun. Sie für Jazz' sträflichen Egoismus bezahlen zu lassen. »Schau unter mein Bett. Da liegt dein altes Scrapbook. Mom sieht es sich stundenlang an. Sie sitzt in einem alten Bademantel mit ungewaschenen Haaren herum, schaut sich das Album an und weint. Stundenlang, tagelang, wochen...«

Jazz fiel mir ins Wort. »Es tut mir leid. Wie oft muss ich das noch sagen, Sunn. Es tut mir leid. Ich ... ich hatte keine Ahnung.«

»Es war dir egal.« Das rutschte mir heraus, bevor ich mich bremsen konnte.

Jazz seufzte und ging.

Ich schob mein Eisschälchen weg. Der Löffel klapperte, das Schälchen stieß gegen die Eispackung und kippte um. Es rollte auf seinem Rand hin und her.

Du bist bescheuert, dachte ich. Sie. Ist. Nicht. Jazz.

Das Telefon klingelte und ich sprang auf, sodass ich mit den Knien gegen den Tisch stieß. Das Schälchen trudelte über die Tischkante, landete klappernd auf dem Boden und prallte ab. Pu war unversehrt. Plastikschälchen für Kleinkinder überstehen Unfälle und Wutausbrüche.

Beim zweiten Klingeln nahm ich den Hörer ab und klemmte ihn zwischen Ohr und Schulter. »Hallo?«

»Gut. Ich habe gehofft, dass du abnimmst.«

»Na, Dad, hast du das rettende Ufer erreicht?«

»Was zum Teufel soll das bitte bedeuten?«

»Denk mal drüber nach, dann dämmert es dir.«

Dad stieß einen tiefen, genervten Seufzer aus. »Willst du über die« - er suchte nach Worten - »die Situation reden oder mich zum Schurken in deinem kleinen Rührstück machen?«

»Mir egal. Was willst du?«

»Ich rufe Ollie an.«

»Den Polizeichef? Ich dachte, du wolltest, dass wir die Angelegenheit allein regeln?«, erwiderte ich.

»Nachdem ich gegangen bin, habe ich herumgerätselt, was das Mädchen wohl für Ziele verfolgt.«

Ich rutschte tiefer in meinen Stuhl und lehnte den Kopf an die Rückenlehne. Dad hatte Abstand gewonnen und sich so von dem Jazz-Zauber des Mädchens befreit. Jetzt schaltete sich sein Reporterinstinkt wieder ein.

»Ich will herausfinden, ob irgendjemand sich nicht im Haus aufhielt, als das Gebäude abbrannte. Jemand, der dort wohnte. Ich denke, das Mädchen kennt Jazz und es hat vielleicht im selben Haus gelebt oder war zu Besuch.«

»Ich glaube, ich weiß, wer sie sein könnte.«

»Wirklich?«

»Ich habe ihr ein schönes heißes Bad eingelassen, und während sie in der Wanne lag, habe ich etwas herumspioniert.«

»Gute Arbeit, Sunn. Ich wusste schon immer, dass du eine kriminalistische Ader hast.«

»Sie hat einen Führerschein mit ihrem Foto, der in New York auf Jazz' Namen ausgestellt wurde - Adresse, Gewicht, Haarfarbe, alles stimmt. Außerdem hat sie einen Sozialversicherungsausweis, der wie der von Jazz aussieht, und eine Visakarte auf Jazz' Namen.«

Schweigen am anderen Ende der Leitung.

»Dad?«

»Ich verarbeite nur die Infos. Ich tippe darauf, dass die Kreditkarte und der Sozialversicherungsausweis tatsächlich von Jazz sind. So etwas kann man leicht stehlen.



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